Schreiben-Reisen-Lebensbilder
Sagen wir so; als Jugendliche war ich eine Düse. Ich war bei jedem Abenteuer dabei, neugierig und unerschrocken. Aufgewachsen bin ich wie ein Bub und so habe ich mich auch benommen. Am Bauernhof war das keine Kunst, denn da haben die Männer das Sagen. Zumindest außerhalb des Wohnhauses. Die Erziehung war wilhelminisch streng und die Regeln klar. Aber wie das halt so ist mit Regeln und Verboten, gerade das macht den Reiz aus.
Als ich mit fünfzehn meine Lehre begann, musste ich jeden Morgen mit dem Bus zur Arbeit. Als Bücherwurm las ich immer bis lange nach Mitternacht und in der Früh kam ich nicht aus den Federn. Jedes Mal holte mich meine Oma unter Aufbringung all ihrer Überredungskunst aus dem Bett. Wenn das alles nichts half, zog sie mir die Decke weg. Das war im Winter nicht so toll, denn es hatte im unbeheizten Zimmer gefühlte null Grad und auf den Fensterscheiben wuchsen die Eisblumen.
Immerhin stand ein opulentes Frühstück auf dem Küchentisch, dass ich, weil ich immer zu spät dran war, kaum anrührte. Daraufhin war meine Oma beleidigt. „Ich gebe mir so viel Mühe und du?“, aber was sollte ich machen. Ich stand unter Zeitdruck. Ich rannte zur Tür hinaus, hastete querfeldein unter den Stacheldrahtzäunen durch zum Omnibus, von dem ich leider allzu oft nur mehr die Rücklichter sah. Daraufhin stellte ich meinen Daumen in Fahrtrichtung und ‚stoppte‘ bis zum Hauptplatz in der Stadt, wo der Bus eine 15-minütige Stehzeit hatte. Das klappte meistens. Einmal fuhr mich der Fahrer eines Sattelschleppers bis neben den Einstieg des Busses. Da fielen den Fahrgästen fast die Augen raus! Abends nach der Arbeit blieb der Bus an einer Haltestelle direkt vor dem Café Craigher stehen. Wieder für 15 Minuten. Ich nutzte die Zeit und sauste in den Raum, in dem die Musikbox stand. Bei einem Glas Wasser gönnte ich mir die Hits von Iron Butterfly, The Who und Cozy Powell. Ich liebte Musik und lebte diese Leidenschaft als Sängerin einer Band aus. Dafür und für den Leadgitarristen gab ich alles.
Manchmal gesellte sich Herr Craigher-Senior persönlich zu mir, was ich toll fand, denn ich mochte ihn sehr. Er war für mich einer von den ‚lässigen Alten‘. Mich nannte er „Gämsle“, weil ich wie eine Gams ständig in Bewegung war und immer herumsprang. Er hatte Verständnis für uns junge Menschen und es machte auch nichts, wenn wir nur wenig konsumierten. Aber er hätte niemals zugelassen, dass wir Drogen nahmen und in seinem feinen Café stoned herumlungerten. Aber da musste er sich ohnehin keine Sorgen machen, denn Musik war unsere einzige Sucht. Ein Schilling für ein paar Minuten Glück. Das machte uns high. Jeden Sonntag fuhr ich mit dem Bus offiziell zu meiner besten Freundin. In Wirklichkeit aber saß ich mit der ganzen Clique im Café. Wenn das meine Familie mitbekommen hätte, wäre es mir gar nicht gut bekommen. Für sie war diese Musik nur ‚Dschinn bumm!‘
Lang ging alles gut. Bis eines Tages plötzlich mein Großvater vor mir stand. Aber das ist eine andere Geschichte …
Foto von Nick Bondarev von Pexels
Ich hab‘s mir fast gedacht! 😥
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Ha, im Gegenteil es war einfach nur schrecklich!
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Eine wunderbare Erinnerung, die du aufleben lässt. Hoffentlich hat der Opa dich auf ein Getränk eingeladen und gesagt: Das bleibt jetzt aber unter uns, dass ich auch so gern Musik hör! 😉
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Das ist ja wirklich eine klasse Geschichte :-)! Und auf die Fortsetzung nach Opas Eingreifen bin ich auch schon sehr gespannt.
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:-))
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Zum Glück 😄👍
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ich kann warten – ich bin ja noch jung
😉
lG der Piet
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Ha, mein Großvater war trotzdem immer mein Hero … Vielleicht schreibe ich mal eine Fortsetzung…
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…
😦
gerade jetzt, da es spannend wird, kommt der break ….
sicherlich werden wir irgendwann erfahren, was der Grossvater (nennen wir ihn bei Heidi) den Almoehi
😉
zu der Situation gesagt hat…
lG der Piet
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Das ist eine andere Geschichte …😉
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Oh, schon Unterbrechung.
Ja was hat der liebe Opa denn mit dir gemacht, wollte er dich zur Räson bringen?
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