Schreiben-Reisen-Lebensbilder
Veröffentlicht am 1. Mai 2022 von Lopadistory
Kürzlich hatte ich einen seltsamen Traum. Er war so intensiv und deutlich, dass ich völlig verstört aufwachte. Vermutlich beschäftigt mich die geopolitische Lage mehr, als mir lieb ist.
Zartbesaitete sollten lieber nicht weiterlesen. Ansonsten wünsche ich einen entspannten Ersten Mai.
Ich war an einem Strand. Unzählige Menschen hatten sich dort versammelt. Alle starrten auf einen Punkt am Meer. Etwas Unheilvolles lag in der Luft. Zwar konnte ich noch nichts sehen, aber die negative Energie war spürbar. Auf dem wenig bewegten Wasser schaukelte träge ein Boot. Es wurde von etwas Großem, Dunklen umkreist. Die Crew bewegte sich hektisch und nervös. Wie kleine Marionetten von einem unerfahrenen Spieler geführt. Sie hielten etwas in ihren Händen. Es war eine riesige Blase. Sie pulsierte und veränderte ständig ihre Form, dehnte sich aus und zog sich zusammen. Mir erschloss sich der Sinn nicht, bis plötzlich der dunkle Schatten aus dem Wasser schoss. Es war ein Orca. Einige der Zuschauer stießen spitze Schreie aus, gestikulieren heftig und rempelten einander an. Sie kämpften um die vordersten Plätze der Strand-Arena. „Hast Du das gesehen – Wahnsinn!“ Ihre Stimmen klangen sensationslüstern und ängstlich zugleich. Die Mannschaft am Boot hatte sichtlich Spaß daran, das Tier zu reizen. Eine böse Vorahnung beschlich mich. Etwas Unheilvolles würde passieren.
Unbemerkt von der Masse schickte sich eine Gestalt neben mir an, baden zu gehen. Sie sagte: „Interessiert mich alles nicht, ich gehe schwimmen“. Der Mensch kam mir bekannt vor. Wer war er? Bedeutete er mir etwas? Ich konnte ihn nicht einordnen. Sein Gesicht war verschwommen, das Geschlecht undefinierbar. Wie so oft im Traum.
Ich wandte mich wieder dem Geschehen zu. Die Crew an Bord versuchten dem riesigen Tier die Blase überzustülpen. Gleichzeitig grölten sie „Party“ und die Menge am Strand grölte „Party“ zurück. Ich wollte schreien: „Hört auf damit“, doch es kam kein Laut über meine Lippen. Alle starrten gebannt auf den Orca, der gerade seinen mächtigen Körper aus dem Wasser hob. Die wabbernde Blase flog durch die Luft und traf seinen Kopf. Die Zuschauer jubelten und klatschten. Erst schien das Tier hilflos, dann wehrte es sich heftig. Das Meer schien zu kochen. Das Boot drohte zu kentern. Der Orca tauchte ab. Das Schauspiel war zu Ende. Die Menschen widmeten sich wieder ihren gewohnten Freizeit-Banalitäten. Ich hielt Ausschau nach der schwimmenden Gestalt und entdeckte sie in Ufernähe. Entspannt kraulte sie in langen Zügen auf das offene Meer hinaus. Ein friedliches Bild nach all dem Spektakel.
Dann sah ich ihn. Sein dunkler Schatten schoss wie ein Torpedo auf den Schwimmer zu. Ich schrie und rannte. Mein Schrei blieb stumm, meine Beine versagten. Wie so oft im Traum. Der Orca erfasste die Gestalt an den Beinen, zog sie in die Tiefe und wieder schien das Meer zu kochen. Der Mensch wird sterben, dachte ich nur. Und er starb. Ein paar zerfetzte Gliedmaßen trieben auf der leicht bewegten Oberfläche. Es war, als wäre nichts geschehen. Die Menschen am Strand starrten stumm vor Entsetzen auf die verstümmelten Überreste.
Ich blieb seltsam unberührt und dachte: Es ist ein Orca. Mit Orcas spielt man nicht!
© LoPadi 2022-04-30
Kategorie: Kurzgeschichten, NATUR, SCHREIBEN, VERÖFFENTLICHUNGENSchlagworte: Albtraum, Sonntagsgeschichten
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Klingt interessant. Auch Dir einen schönen ersten Mai🎈
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Irgendwie zeigt es auf, dass immer die Unbeteiligten gestraft werden.
Andererseits ist im Traum alles immer umgekehrt. Heißt: wenn etwas Schlimmeres geträumt wird verläuft es positiv.
Das würde bedeuten, dass jemand unbedeutendes oder jemand der in der heutigen Zeit „vergessen“wird, wie das Göttliche beispielsweise, plötzlich für eine Änderung sorgen wird.
Das ist jetzt nur meine Laienmeinung zu Träumen.
Hab trotzdem einen schönen 1. Mai.
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