Schreiben-Reisen-Lebensbilder
Veröffentlicht am 12. Februar 2023 von Lopadistory
Es ist schon geraume Zeit her, seit meiner letzten Sonntagsgeschichte. Mir war wieder danach.
Ich hoffe euch auch.
Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Personen sind natürlich rein zufällig 😉
Ihr Pferdeschwanz schwingt im Gleichtakt der Bewegungen. Mit Leichtigkeit schiebt sie Stühle und Tische und rückt sie akribisch zurecht. Prüfend schaut sie, ob alles seine Richtigkeit hat. Wie alt wird sie sein. Acht oder Zehn? Die Art, wie ihr die Arbeit von der Hand geht, ist beeindruckend. Es ist eine Freude ihr zuzusehen.
In der Gaststätte herrscht reger Betrieb. Um uns nur betagte Menschen. An einem der Holztische inmitten eifrig plaudernder Alten nehmen wir Platz. Selbst längst im Ruhestand fühlen wir uns nicht zugehörig. Wir sind nicht alt. Immer nur die Anderen. Altersstolz?
Mein Mann, an allem und jedem interessiert, fragte eine Frau am Nachbartisch nach dem Grund des Beisammenseins. Mir ist das unangenehm. Warum, weiß ich selbst nicht. Zu übergriffig?
Zudem erhält er meist bereitwillig Auskunft.
Die Gruppe kommt aus dem nächstliegenden Ort und diese Veranstaltung ist ihr wöchentlicher Senioren-Treff. Das Wort „SENIOREN“ wird selbstverständlich betont. Nach dem Motto: Wir sind weder Rentner noch Pensionisten. Wir sind mehr. Altersstolz?
Ich beobachte lieber das Mädchen mit den fliegenden Haaren. Selbstständige und handwerklich geschickte Kinder imponieren mir. Vielleicht, weil ich in dem Alter genau so war. Küchentischpsychologie … Ich schubse meinen Mann, um seine Aufmerksamkeit auf die Fleißige zu lenken. Nach einer Weile ruft er ihr anerkennend zu; „Du bist aber eine Tüchtige“. Sie schaut kurz von ihrer Arbeit auf.
„Wie heißt du denn?“
„Sophia“. „Ah, was für ein schöner Name“. Das Mädchen lächelt und arbeitet weiter.
Einige der Pensionisten werden aufmerksam. „Ja, eine ganz Fleißige“, bestätigt jemand. Sophia tut so, als ob sie es nicht hört, räumt aber noch eifriger. Und immer noch schwingt ihr Pferdeschwanz im Gleichtakt der Bewegungen. Jeder Griff sitzt. Sie ist vollkommen in die Arbeit vertieft. Manch einer drückt ihr beim Verlassen des Lokals wohlwollend eine Münze in die Hand. Fleiß lohnt sich. Immer mehr löst sich die Gesellschaft auf und bald ist die Gaststube leer. Sophia verwandelt weiter Chaos in Ordnung.
Wir haben Würstchen, Pommes und Bier bestellt. Der Service ist so fix wie Sophia. Das einfache Mahl schmeckt uns. Wir sind längst die einzigen Gäste. Eine Frau mittleren Alters bringt die Rechnung und erzählt, dass diese Gastwirtschaft eine ist, in der alle zusammen helfen. Von der Oma an der Abwasch, über die Kinder am Tresen bis zur Enkelin.
Nach dem Bezahlen brechen wir auf und ich sage zu meinem Mann; „Wie schön, dass es das noch gibt“.„Ja“, erwidert er, „das finde ich auch“, nimmt mich an der Hand und wir wandern zufrieden hinaus in den verschneiten Wald.
❄️❄️❄️❄️❄️
Kategorie: FAMILIE, Kurzgeschichten, SCHREIBEN, VERÖFFENTLICHUNGENSchlagworte: Kinder, Sonntagsgeschichten, Zusammenhalt
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Du: „Selbst längst im Ruhestand fühlen wir uns nicht zugehörig. Wir sind nicht alt. Immer nur die Anderen.“ – Kann ich nur bestätigen, ich fühle mich oft 10 Jahre jünger als die anderen.
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